Schwellenländer: Chancen in einem neuen wirtschaftlichen Umfeld
6. Juni 2023 (Anzeige)
Die Industrieländer leiden unter der Inflationsbekämpfung ihrer Zentralbanken, die Schwellenländer stehen vor anderen Problemen: steigende Kosten und sinkende Budgets. Dennoch hat der Markt noch immer viel Potenzial.
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Für die Schwellenländer waren die vergangenen drei Jahre von Krisen gekennzeichnet, ausgelöst durch die Pandemie, den Ukraine-Krieg, hohe Inflation und soziale Unruhen infolge steigender Lebensmittel- und Energiepreise. Jetzt müssen viele Länder ihre Ausgaben einschränken, Haushaltsdisziplin rückt in den Fokus.
„In den Schwellenländern geht es vor allem darum, bei global schwacher Konjunktur Haushaltsdisziplin zu wahren,“ erläutert Polina Kurdyavko, Head of BlueBay Emerging Markets bei RBC BlueBay Asset Management.
„Politiker wollen den Menschen einerseits die Verbesserungen in Aussicht stellen, die sie sich wünschen; andererseits wissen sie aber auch, dass sie durch Schulden, Liquidität, hohe Zinsen und strenge Haushaltsvorgaben in ihren Möglichkeiten eingeschränkt sind“, so Kurdyavko weiter.
Die Regierungen der Schwellenländer müssen sich ausreichend Spielraum wahren, um Nahrungsmittel und Energie bezahlbar zu machen, ohne dabei Entwicklung und Schuldenmanagement zu vernachlässigen.
„Im vergangenen Jahr kamen in mehreren lateinamerikanischen Ländern linke Präsidenten an die Macht. Zum Teil waren das Protestwahlen – die Menschen wollten Veränderung“, meint Kurdyavko.
Steigende Finanzierungskosten erfordern Haushaltsdisziplin. Die Haushalte der Schwellenländer stehen aufgrund des globalen wirtschaftlichen Umfelds unter Druck, in einkommensschwachen Ländern sind die höheren Staatsausgaben zum Teil auf staatliche Subventionen der Lebensmittel- und Energiepreise zurückzuführen.
„Wir werden darauf achten, ob die Regierungen ihre Budgets einhalten können. In diesem Jahr dürften die meisten Haushaltsprognosen in Lateinamerika – mit der bemerkenswerten Ausnahme Brasiliens – ähnlich oder sogar niedriger ausfallen als im letzten Jahr“, so Kurdyavko.
„Der IWF geht davon aus, dass Kolumbien sein Haushaltsdefizit von -6,4 auf -2,9 % reduzieren wird. Das wäre die größte Senkung staatlicher Ausgaben, die wir je gesehen haben. Gleichzeitig werfen kolumbianische Staatsanleihen in Landeswährung zweistellige Renditen ab, die Anleihen in Hartwährung sind so attraktiv verzinst wie zuletzt vor 20 Jahren. Sollte es der Regierung tatsächlich gelingen, ihr Defizit zu reduzieren, sehen wir hier viel Potenzial“.
Allerdings weist Kurdyavko darauf hin, dass auch eine negative Entwicklung kolumbianischer Staatsanleihen denkbar ist, falls die Regierung ihre Ausgaben erhöhen muss, um Unruhen zu verhindern, oder Investoren aufgrund der volatilen globalen Inflation höhere Risikoaufschläge verlangen und so die Kreditkosten in die Höhe treiben.
„Brasilien ist in Lateinamerika ein Sonderfall“, erklärt Kurdyavko. „Das Haushaltsdefizit soll in diesem Jahr deutlich von -5,8 auf -7,5% steigen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Märkte darauf einlassen.“
Ausblick für Unternehmensanleihen
Außerhalb des chinesischen Immobiliensektors haben sich Unternehmen aus Schwellenländern in den letzten Jahren als sehr robust erwiesen, die Ausfallrate von Unternehmensanleihen lag bei 1%.
Kurdyavko rechnet jedoch mit Volatilität, da in diesem Jahr Rentabilität und Cashflow-Generierung im Vordergrund stehen. Bei schwachem Wachstum und knapper Liquidität können die Gewinnmargen überraschend zurückgehen, wenn Unternehmen ihre Kosten nicht an die Verbraucher weitergeben können.
„Wenn sie jedoch zu profitabel sind, besteht andererseits die Gefahr, dass Regierungen einen Teil der Gewinne für ihre Haushalte abschöpfen wollen.“
Anhaltend günstige Bedingungen
Kurdyavko rechnet damit, dass das günstige Umfeld bestehen bleibt. Zum einen haben die Zentralbanken der Schwellenländer ihren Zinserhöhungszyklus im Durchschnitt etwa 18 Monate früher eingeleitet als die Zentralbanken der Industrieländer.
„Das hat das Vertrauen der Anleger im Inland ebenso gestärkt wie die heimischen Währungen und gleichzeitig zur Bekämpfung der Inflation beigetragen.“
Zum anderen haben steigende Rohstoffpreise die Zahlungsbilanzen der Schwellenländer verbessert. „Der Nahe Osten hat davon besonders profitiert, doch auch in Lateinamerika haben sich die Zahlungsbilanzen positiv entwickelt. Dadurch sind die Schwellenländer insgesamt weniger anfällig,“ so Kurdyavko.
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