Mein Verein und ich
21. September 2021
Im Gegensatz zu dem offenen Immobilienfonds, für dessen Vertrieb Alexander Jostes verantwortlich ist und der einen Ruhepol in einem Portfolio darstellt, glänzt die Frankfurter Eintracht in den letzten Monaten eher durch Volatilität.
Tino Seebach:
Hallo Herr Jostes, wenn Sie sich an den 20. Februar 2021 erinnern, was fällt Ihnen dazu ein?
Alexander Jostes:
An dem Tag fand ein schönes Spiel gegen den FC Bayern statt, das wir 2:1 gewonnen haben.
Tino Seebach:
Das war der 22. Spieltag, Platz 4 in der Tabelle, Champions-League-Platz und fünf Punkte Vorsprung vor Bayer Leverkusen. Am 19. Februar hatte Sportdirektor Bruno Hübner gekündigt, im März Sportvorstand Fredi Bobic und im April der Trainer Adi Hütter. Am Ende der Saison wurde die Qualifikation zur Champions League verpasst.
Heute ist Montag, der 20. September. Sieben Monate später, die Eintracht nach fünf Spielen und vier Punkten auf Platz 15 der Tabelle. Im Pokal gab es eine Niederlage in der ersten Runde gegen Waldhof Mannheim. Wie beurteilen Sie diese Fakten?
Alexander Jostes
Man kann das immer von zwei Seiten sehen. Natürlich hat sich die Saison am Ende verschenkt angefühlt. Wir hätten die Champions-League-Qualifikation schaffen müssen, aber, mein Gott, wir nehmen es, wie es kommt, und die Diva vom Main war schon immer sehr launisch. Europa League nehmen wir auch sehr gerne.
Ich war am Donnerstag im Stadion beim Europa-League-Spiel gegen Fenerbahce, und das war wieder ein Highlight. Vielleicht ist es gar nicht schlecht, nicht zu schnell zu weit nach oben zu schießen.
Auch in der Bundesliga mache ich mir nach fünf Spielen noch keine Sorgen. Die Mannschaft hatte noch keine Chance, sich richtig einzuspielen, und der Trainer Oliver Glasner macht einen hervorragenden Eindruck. Man sieht, dass die Abstimmung noch fehlt. Das benötigt jetzt Zeit und Geduld. Ich bin da sehr guter Dinge.
Tino Seebach:
Sind Sie von klein auf Eintracht-Frankfurt-Fan?
Alexander Jostes:
Als Kind war mein Idol eher Karl-Heinz Rummenigge als Karl-Heinz Körbel. Zum einen, weil er natürlich ein großartiger Spieler war, vielleicht der beste deutsche Fußballer bis Mitte der 80er, zum anderen, weil er wie ich am 25. September Geburtstag hat, und ich das als Kind natürlich toll fand. Mein Verein war aber schon immer die Eintracht.
So richtig intensiv wurde die Liebe zur Eintracht Ende der 90er. Mein bester Freund hatte schon lange eine Dauerkarte, und ich habe ihn immer öfter begleitet. Seit 1997 besitze ich selbst eine Dauerkarte. Wir standen im alten Waldstation immer in der Kurve neben dem G-Block, neben den Kuttenträgern, heute würde man sagen die Ultras, die dort Party und Stimmung gemacht haben. Wir haben immer versucht zwar nicht mittendrin, aber wenigstens daneben zu stehen. Heute gehe ich mit meinem Sohn regelmäßig zur Eintracht.
Tino Seebach:
Was war für Sie persönlich der schönste Moment mit der Eintracht, bei dem Sie live im Stadion waren?
Alexander Jostes:
Das Pokalfinale 2018 in Berlin, das 3:1 gegen die Bayern, da bin ich mit einem Freund gewesen. Dieser Moment am Ende, als Gacinovic in der letzten Minute mit dem Ball am Fuß über den ganzen Platz auf das leere Tor rennt und das entscheidende 3:1 schießt. Dieses Gefühl werde ich nie vergessen, das war Gänsehaut pur, da kommen mir heute noch die Tränen.
Tino Seebach:
Kommen wir zur Eintracht heute zurück. Das zurückliegende Geschäftsjahr wurde, natürlich Corona-bedingt, mit einem Minus von 41 Millionen abgeschlossen. Gleichzeitig wurde zu Saisonübergang ein Transferüberschuss von 20 Millionen erwirtschaftet.
Schaut man sich die Anteilsstruktur von Eintracht Frankfurt an, dann gibt es da die Freunde des Adlers GmbH (16,7%), die Freunde des Adlers AG (7,3%), die Wolfgang Streubing AG (3%), die Herzschlag GmbH (5%) und natürlich den Verein selbst (68%).
Die Herzschlag GmbH hat im April 5% der Anteile für 22 Millionen erhalten, also 1% für 4,4 Millionen Euro. Wenn der Verein, um die Mehrheit zu halten, noch maximal 17% abgibt, dann würde man nach dieser Bewertung noch 75 Millionen Euro über den Verkauf von Anteilen erzielen können.
Wenn ich das auf mich wirken lasse, frage ich mich, wie die Eintracht wettbewerbsfähig bleiben kann.
Alexander Jostes:
Das ist eine Frage, die es grundsätzlich im Fußball zu beantworten gilt. Eigentlich müsste man doch einen offiziellen Titel für die Vize-Meisterschaft vergeben. Die Bayern sind schon längst weggelaufen. Leipzig, Wolfsburg und Dortmund haben große finanzstarke Konzerne im Hintergrund. Spannend ist die Deutsche Meisterschaft schon lange nicht mehr. Eigentlich kann man nur zum Fußball gehen, um Spaß an dem Event und dem Spiel an sich zu haben.
Uns sind viele Vereine durch große Investoren enteilt, aber will ich das auch für die Eintracht? Nein, ich finde es für mich persönlich attraktiver, wenn die Eintracht der Verein des Volkes, der Fans und der Region bleibt. Das zeichnet für mich die Eintracht auch aus, von der Gemeinschaft getragen zu sein. Man muss nicht alles mitmachen, und mit einer gewissen Bescheidenheit und Vorsicht ist man doch langfristig immer gut gefahren.
Tino Seebach:
Wenn ich dagegen aber stelle, wie sich ein Kostic verhält, ein Younes. Auch auf der Trainerbank ist aus meiner Sicht die Moral verlorengegangen. Schaue ich rückblickend auf die Europameisterschaft, dann muss ich für mich sagen, ich entferne mich innerlich immer mehr vom Profifußball.
Wohin soll es denn aus Ihrer Sicht mit der Eintracht gehen? In die Champions League so sicher nicht. Den Aderlass, den die Eintracht in den letzten Monaten hatte, kann kein Verein verkraften.
Alexander Jostes:
Nein, das kann kein Verein auf Dauer verkraften. Das war aber eine Sondersituation für alle, und die Eintracht ist aus meiner Sicht trotz dieser ganzen Belastungen sehr gut durch die Krise gekommen. Man muss ja auch sehen, wie gut der Verein in den letzten Jahren gearbeitet hat. Wir haben für wenig Geld gute Spieler gekauft, diese entwickelt und teuer verkauft. Ebenso haben wir aufgrund der nationalen und internationalen Erfolge Fernsehgelder und Zuschauereinnahmen generiert, mit denen man vorher nicht gerechnet hat. Davon konnten wir zehren. Ich kenne die Finanzen der Eintracht jetzt nicht bis in das letzte Detail, mir vermittelt sich aber immer der Eindruck, dass dort auf solide und langfristige Arbeit gesetzt wird. Auch die Entwicklung des Vereinsgeländes macht einen guten Eindruck.
Trotzdem gebe ich Ihnen Recht, auch ich entferne mich durch die Allüren im Profifußball immer weiter von diesem Geschäft. Spätestens als die 222 Millionen Euro für Neymar bezahlt wurden, habe ich mir gesagt, jetzt macht es keinen Sinn mehr.
Leider zählt im Profifußball das gegebene Wort oft nichts mehr. Viele Spieler schauen nur, wie sie das meiste Geld aus diese Maschinerie ziehen. Bei den Trainern ist es mittlerweile leider auch nicht anders. Rose geht von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund, der Frankfurter Trainer geht zu Borussia Mönchengladbach, der Wolfsburger Trainer geht zur Eintracht. Ein einziges Karussell, bei dem sich die Beteiligten einfach die Taschen vollgemacht haben. Hat sich dadurch irgendetwas für die Vereine geändert? Ich weiß es nicht.
Tino Seebach:
Was macht denn dann die Identifikation mit der Eintracht aus? Sind es die Fans untereinander?
Alexander Jostes:
Ja, es sind die Fans untereinander und die Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen. Ich habe es in der Corona-Krise erlebt. Da sind viele Aktionen aus dem Verein heraus entstanden, um zum Beispiel der Gastronomie in der Region zu helfen. Es heißt ja Sportgemeinschaft Eintracht Frankfurt, und tatsächlich ist es die Gemeinschaft vieler Fans, die das Ganze hier aufrechterhält. Ich habe keinen Vergleich zu anderen Bundesliga-Vereinen, ob es dort genauso ist. Hier hat es sich aber angefühlt wie in einem ganz normalen Amateurverein, wo man sich gegenseitig hilft.
Sportlich würde ich mir eine klarere Philosophie wünschen. Ein Spielprinzip, das über Jahre unabhängig von den aktuelle Trainern und Managern einheitlich über alle Jahrgänge fortgeführt wird, so wie es der FC Barcelona, Ajax Amsterdam oder auch der FSV Mainz 05 leben. Das würde sicherlich dazu beitragen, die Identifikation mit der Eintracht noch einmal zu erhöhen.
Tino Seebach
Wo steht die Eintracht am Ende der Saison?
Alexander Jostes:
Auf Platz 6!
Tino Seebach:
Vielen Dank für das Interview, Herr Jostes.
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