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Ausblick 2023: Anleihen sind zurück

20. Januar 2023 (Anzeige)

Vor dem Hintergrund der nachlassenden Inflation und zunehmenden Wachstumssorgen werfen Ariel Bezalel und Harry Richards einen Blick auf die Aussichten für die Anleihenmärkte.

Inflationsraten, wie wir sie seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben, haben die Zentralbanken dazu gezwungen, die Zinsen innerhalb kürzester Zeit stark zu straffen. Dadurch sind die Anleihenrenditen auf breiter Front gestiegen1. Angesichts des gleichzeitigen Einbruchs der Aktienkurse erschwerte das eine Diversifikation von Anlageportfolios. Inzwischen nähern wir uns jedoch dem Ende des Zinserhöhungszyklus, da die Wachstumssorgen zunehmend in den Vordergrund rücken. Wir glauben, dass sich dadurch attraktive Einstiegsmöglichkeiten an den Anleihenmärkten eröffnen können. Wir würden sogar von einer einmaligen Chance für Anleihenanleger sprechen.

Den Kampf gegen die Inflation gewinnen

Der starke Anstieg der Inflation ist auf eine Kombination mehrerer Faktoren zurückzuführen: die lockere Geld- und Fiskalpolitik, mit der Zentralbanken und Regierungen der Wirtschaft auf dem Höhepunkt der Coronakrise in den Jahren 2020 und 2021 unter die Arme gegriffen haben, und den starken Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine Anfang 2022. Die USA alleine haben rund 9,5 Billionen US-Dollar in die eigene Wirtschaft gepumpt, und in vielen anderen Regionen der Welt haben die Regierungen ähnlich verfahren, um die negativen Auswirkungen der Pandemie zu begrenzen.

Inzwischen signalisieren mehrere Frühindikatoren, dass sich das Inflationsumfeld verändert, obwohl das 2-Prozent-Ziel der Notenbanken noch längst nicht in greifbarer Nähe ist. In den USA hat das Geldmengenwachstum stark nachgegeben – ein derartiger Rückgang auf annualisierter 3-Monats-Basis wurde seit der Großen Depression nicht mehr verzeichnet.

Der US-Verbraucherpreisindex, der im Juni 2022 mit 9,1% den höchsten Stand seit vier Jahrzehnten erreichte, hat sich abgeschwächt, da die Rohstoff-, Lebensmittel- und Ölpreise seit ihrem Höchststand im Frühjahr 2022 gesunken sind. Die chinesischen Erzeugerpreise sind auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren gesunken. Das dürfte sich auch positiv im US-Verbraucherpreisindex niederschlagen. Die Frage ist nicht mehr, ob sich die Inflation verlangsamen wird, sondern vielmehr, wie schnell sie nachgeben wird – und wo sie sich letztlich einpendeln wird.

Der Trugschluss der weichen Landung

Die eine Frage, die sich die Anleger derzeit vor allem stellen, ist, ob eine Rezession unabwendbar oder eine weiche Landung noch möglich ist. Eine weiche Landung ist gleichbedeutend mit einem schwächeren Wachstum und einer niedrigeren Inflation, ohne dass die Arbeitslosigkeit wesentlich ansteigt, die Wirtschaft massiv leidet oder Risikoanlagen weitere Verluste verzeichnen. Die westlichen Zentralbanken haben erst gegen Ende des ersten Quartals 2022 mit der Anhebung der Zinsen begonnen, sind dann aber aggressiv vorgegangen.

Je nachdem, wie verschuldet eine Volkswirtschaft ist, dauert es in der Regel rund zwölf bis 24 Monate, bis die Wirtschaft eine Zinserhöhung oder -senkung verdaut hat. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass ein reibungsloser Übergang von einer hohen Inflation zu einer normaleren Inflation bei einem stabilen Wachstum äußerst unwahrscheinlich ist. Aufgrund der langen und variablen Wirkungsverzögerungen geldpolitischer Maßnahmen neigen die Zentralbanken unter diesen Bedingungen dazu, die Zügel zu stark zu straffen. Wir starten mit einer bereits sehr restriktiven Geldpolitik ins Jahr 2023. Ein Großteil der bisherigen Zinserhöhungen muss noch verdaut werden, und in vielen Märkten stehen weitere Zinsschritte an. Unseres Erachtens wird dies zu einem drastischen Wachstumsrückgang führen, der in den jüngsten Einkaufsmanagerindexdaten bereits in Ansätzen erkennbar ist2, und viele unserer Frühindikatoren signalisieren, dass sich die Situation bis ins Jahr 2023 hinein weiter verschlechtern wird.

Eine natürliche Folge der Rezession wird ein starker Rückgang der Inflation sein. Analysen zeigen, dass der US-Verbraucherpreisindex (CPI) in den letzten 100 Jahren in Rezessionsphasen um durchschnittlich 7% gesunken ist.

Der alles entscheidende Häusermarkt

Ein Indikator, den wir genau beobachten, ist der Immobilienmarkt, da es sich um einen stark verschuldeten Sektor handelt. Ein Rückgang an diesem Markt dürfte einen kaskadenartigen Effekt auf das Vermögen der privaten Haushalte haben, das bereits durch den Rückgang der Preise für fast alle Vermögenswerte in diesem Jahr geschmälert worden ist.

Die Wohnungspreise beeinflussen auch das Ausgabeverhalten und sind letztlich von großer Bedeutung für die Gesamtverfassung der Wirtschaft. Durch den Anstieg der Hypothekenzinsen hat die Erschwinglichkeit von Wohnraum insbesondere in den USA dramatisch abgenommen. In Großbritannien, Hongkong, Kanada, Neuseeland, Australien und Schweden sinken die Immobilienpreise. Auch der chinesische Immobilienmarkt macht eine schwierige Zeit durch, was sich natürlich auch auf das weltweite Wirtschaftswachstum auswirkt.

Schließlich sind die Wohnungsmärkte auch für die Inflation von Bedeutung. Wohnkosten machen rund ein Drittel des US-Verbraucherpreisindex aus. In den letzten Monaten hat die Wohnkostenkomponente mit dem parabolischen Anstieg der Immobilienpreise der letzten Jahre gleichgezogen. Zeitnähere Indikatoren wie die aktuellen Mietforderungen deuten bereits auf eine deutliche Verlangsamung hin. Anders ausgedrückt wird sich die Schwäche des Wohnungsmarktes künftig in einer geringeren Wohnkosteninflation niederschlagen.

Arbeitsplätze und Wachstum

Was die US-Wirtschaft betrifft, hat die Resilienz des Arbeitsmarktes in den vergangenen Quartalen viele überrascht. Betrachtet man die Frühindikatoren, zeigt sich, dass einige große US-Unternehmen, insbesondere im Technologiesektor, inzwischen Entlassungen oder Einstellungsstopps angekündigt haben. Früher oder später wird sich dies in wichtigen Datenpunkten wie den Beschäftigtenzahlen und den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe niederschlagen.

Insgesamt dürfte das Wachstumsumfeld die Zentralbanken dazu veranlassen, eine Zinspause einzulegen und ihre geldpolitischen Maßnahmen des Jahres 2022 in der Folge teilweise zurückzunehmen – zum Beispiel durch die Einstellung der quantitativen Straffung (Verkauf von Anleihen), erste Zinssenkungen oder eine Kombination aus beidem. Wir halten es für wahrscheinlich, dass die US-Notenbank (Fed) die Zinserhöhungen in der ersten Jahreshälfte 2023 aussetzen und im weiteren Jahresverlauf zu einem Lockerungszyklus übergehen wird. In einem solchen Umfeld wären sehr hohe Erträge aus Anleiheninvestments denkbar.

In der Vergangenheit ist die Fed in der Regel erst nach einer vier- bis sechsmonatigen Zinspause dazu übergegangen, die Zinsen zu senken. Dieser Zeitraum könnte jedoch kürzer ausfallen, falls die Arbeitslosigkeit in die Höhe schießen oder es zu einer besonders starken Verschlechterung anderer Wirtschaftsindikatoren kommen sollte. Die Wahrung der Preisstabilität ist neben der „Vollbeschäftigung“ eines der wichtigsten wirtschaftlichen Ziele der Fed. Daher dürfte die Fed bei Bedarf Maßnahmen ergreifen, um eine rasche Verschlechterung am Arbeitsmarkt abzuwenden.

Finanzunfälle, geopolitische Risiken

Die Zentralbanken werden auch auf Anzeichen von Risiken für die Finanzstabilität achten. Diese könnten sich aus einer versteckten oder unterschätzten Verschuldung ergeben, die sich in Teilen des Marktes während der Jahre der extrem expansiven Geldpolitik aufgebaut hat. In der Vergangenheit haben eine starke Aufwertung des US-Dollars, ein sprunghafter Anstieg des Ölpreises oder das Erreichen bestimmter Schwellenwerte bei den längerfristigen Zinssätzen das Risiko von Finanzunfällen erhöht. Im Jahr 2022 sind alle drei Faktoren gleichzeitig aufgetreten. Daher betrachten wir die nächsten zwölf Monate als entscheidende Phase für die Finanzmärkte und bleiben wachsam gegenüber ersten Anzeichen einer weiteren Destabilisierung.

Die Finanzmärkte sind auch mit anderen Risiken konfrontiert. Der Russland-Ukraine-Konflikt ist noch nicht beendet, und die Unsicherheit ist groß. Wir halten uns mit konkreten Prognosen zur Entwicklung der Öl- oder Gaspreise zurück, da diese im Wesentlichen von unvorhersehbaren Faktoren wie dem Ende des Konflikts oder der Schwere des bevorstehenden Winters abhängen wird. Klar ist allerdings, dass Rohstoffe nicht mehr der größte Inflationstreiber sind, sodass hier mit einer gewissen disinflationären Wirkung gerechnet werden kann, wie wir sie bereits bei bestimmten Basismetallen gesehen haben.

Implikationen für Anleger

Angesichts des weiterhin unsicheren Inflations- und Wachstumshintergrunds halten wir Staatsanleihen in den USA, Australien und Neuseeland mittel- bis langfristig für sehr attraktiv. Was die Positionierung angeht, erscheinen Teile der Hochzins- und Investment-Grade-Märkte der Industrieländer sehr interessant. Allerdings ist die Kreditauswahl in diesem Umfeld wichtig, da die Ausfallraten in den kommenden Jahren steigen dürften. Daher bevorzugen wir defensive Sektoren und besicherte Schuldtitel in Bereichen wie Telekommunikation und Kabel. Außerdem glauben wir, dass der US-Dollar angesichts der näher rückenden Kehrtwende der Zentralbanken nicht mehr viel weiter erstarken wird. Das stimmt optimistischer für Schwellenländeranleihen, insbesondere aus rohstoffreichen Ländern wie Brasilien, sowie ausgewählte Schwellenländerwährungen. Unsere Emerging-Market-Allokation bleibt vorerst begrenzt. Wir werden jedoch die Augen offen halten, um etwaige günstige Einstiegsmöglichkeiten zu nutzen.

1 Die Anleihenkurse und -zinsen bewegen sich in einem inversen Verhältnis. Die Renditen steigen, wenn die Kurse fallen.

2 Der Einkaufsmanagerindex basiert auf einer Umfrage unter leitenden Angestellten von Unternehmen zu wirtschaftlichen Trends wie Auftragseingängen und Vorratsbeständen.

 

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